In diesem Blog geht es ausschließlich um Literatur oder, einfacher gesagt, um Bücher. Ihr findet hier Buchempfehlungen, meine Rezensionen zu Büchern und e-Books, die ich gelesen habe, und Hinweise auf Downloads von e-Books. Da ein Blog durch Kommentare am Leben gehalten wird, würde ich mich sehr freuen, wenn Ihr diese Funktion fleißig nutzt.

Mittwoch, 19. Oktober 2016

"Küstenbrut" von Anja Behn

Der zweite Krimi um den Kunsthistoriker Richard Gruben hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Allein schon die Tatsache, dass eine ermordete Galeristin, die Richard Gruben nicht persönlich kannte, seine Visitenkarte mit einer sehr persönlichen Nachricht von ihm in ihrem Kalender liegen hatte. Genau aus diesem Grund bittet der Polizist Bert Muslow Richard um Hilfe. Was als Flucht Richards vor eigenen privaten Problemen und kleine Gefälligkeit unter Freunden beginnt, weitet sich schnell zu einer gemeinsamen Suche nach dem Mörder der Galeristin aus. 

Ich mag es, wie Anja Behn erzählt. Viele Dialoge lassen die Geschichte lebendig wirken. Immer wieder glaubte ich beim Lesen, ein wichtiges Detail entdeckt zu haben, einen Faden in der Hand zu halten, der mich der Lösung des Falls näher bringt. Bis das nächste Detail alles noch verwirrender aussehen ließ. Erzählt wird größtenteils aus der Sicht von Richard Gruben, aber nicht nur. Dadurch hat der Leser stellenweise einen kleinen Wissensvorsprung gegenüber dem Kunsthistoriker, was die Hintergründe aber nicht durchschaubarer macht, im Gegenteil. Vieles scheint einfach nicht zusammenzupassen und die Geschichte von Seite zu Seite spannender. 

Mit dem kleinen fiktiven Ort Niederwiek an der Ostsee zaubert die Autorin reichlich frühsommerliche Ostseeatmosphäre zwischen die Zeilen. Allerdings geht es dem Leser ähnlich wie Richard - Zeit, die Idylle zu genießen, bleibt kaum, denn immer wieder tauchen neue Fragezeichen auf. Wir lernen eine überschaubare Anzahl von Personen kennen, die in ihren Eigenheiten unverwechselbar beschrieben sind. Teilweise erinnern sie mich an reale Menschen, die ich selbst dort oben an der Küste kennengelernt habe. Einige sind sehr sympathisch, Mund und Herz auf dem rechten Fleck. Anderen möchte man im wahren Leben lieber nicht begegnen. Trotzdem schafft es die Autorin, dass man auch ihnen ein gewisses Mitgefühl entgegenbringt, zumindest teilweise. 

Mehrere Personen spielen ein falsches Spiel, manche schon seit vielen Jahren. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wozu Menschen fähig sind, wenn Gier und Feigheit die Oberhand gewinnen. Der Autorin gelingt es, am Ende alle offenen Fragen logisch zu beantworten. Na ja, fast alle. Was ist mit Johanna aus Anja Behns erstem Krimi "Stumme Wasser"? Das werden wir wohl frühestens im nächsten Küstenkrimi erfahren. 


Fazit: 5*****, Lesempfehlung und Vorfreude auf Teil 3

Das Taschenbuch ist im Emons Verlag erschienen, hat 224 Seiten und kostet 10,90 Euro. Das E-Book ist für 8,49 Euro erhältlich.




Freitag, 7. Oktober 2016

"Die Kunst, Elch-Urin frisch zu halten" von Rochus Hahn

... ich habe das Buch nach knapp der Hälfte der Seiten abgebrochen. Es war ein K(r)ampf, ein verzweifelter Versuch, mich mit der Geschichte anzufreunden. Positiv möchte ich vorwegschicken, der Autor kann schreiben! Rochus Hahn ist kein Unbekannter, das Drehbuch zu "Das Wunder von Bern" stammt von ihm, "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken" ebenso. "Die Kunst, Elchurin frisch zu halten", liest sich streckenweise so, dass man fast glaubt, in einem Film zu sein. Kopfkino vom Feinsten, zum Beispiel bei der Beschreibung von Bullwinkels "Arschklöppeln", seiner Bude, oder der Bibliothekarin. ABER: Der Autor, Jahrgang um 1962, versucht ständig, cool, witzig, angesagt und abgefahren daher zu kommen, so wie er glaubt, dass junge Männer drauf sind, die nicht einmal halb so alt sind wie er. Stellenweise gelingt das sogar, die oben genannten Szenen und Beschreibungen haben mich sehr amüsiert. Im Großen und Ganzen ist die Story aber schon von der Idee her komplett daneben. Ganz ehrlich - welcher halbwegs intelligente, durchschnittlich aussehende 25-jährige junge Mann in Frankfurt am Main, sollte nicht in der Lage sein, ein Mädel ins Bett zu kriegen? Verzweifelte Vertreter beiderlei Geschlechts, denen das "f.ck mich" quasi auf die Stirn geschrieben steht, laufen in jeder Disco rum. Und statt 4.000 Euro auf eine Stute zu sparen oder 1.800 für einen Finnlandtrip auszugeben, kann man davon die nette Nachbarin von gegenüber, die freundliche Bäckereifachverkäuferinazubine oder die schüchterne Kollegin mal eben zum Essen einladen, hinterher in eine angesagte Bar ausführen und gucken, was sich daraus ergibt. Nee, diese Verzweiflung und die daraus resultierenden kruden Ideen nehme ich den beiden Hauptfiguren Tim und Bullwinkel nicht ab. 


Kurz gefasst haben die beiden 25-jährigen Jungfrauen durch ein wenig Prahlerei ein Date mit zwei angeblichen Stewardessen ausgemacht. Termin in 14 Tagen und sie wollen eine super Droge mitbringen, denn darauf stehen die beiden Mädels. Nach umfangreicher Recherche kommen sie auf den Urin von Elchen, die vorher psychogene Pilze gefressen haben. Dafür fliegen die beiden Jungmänner mal eben nach Finnland, um dort 1. einen Elch zu finden, 2. diese Pilze zu finden, 3. den Elch damit zu füttern, 4. ihm den Urin irgendwie abzuzapfen und 5. den »Elch-Nektar« frisch zum Date nach Frankfurt mitzubringen. So zumindest der Plan. Komplizierter geht's nicht, oder? 

Dabei wechseln die Beiden in ihrer Gemütslage immer wieder von hochmotiviert zu abgrundtief verzweifelt, bauen sich wiederholt gegenseitig auf und würzen das Ganze mit der ach so authentischen Jugendsprache. Als die Zoophilie das erste Mal von Bullwinkel angesprochen wurde, schüttelte es mich bereits. Bei Astrids Versuch, das Ganze als weniger schlimm zu rechtfertigen, als mit dem Fallschirm von Hochhäusern zu springen oder an der Börse Milliarden zu verzocken, drehte sich mir der Magen um. Alles klar, der Mini-Hengst und der Dobermann wollen ihre Frauchen f.cken, immerhin locken die mit lecker Erdnussbutter an der Mumu. 

Es gibt für mich Grenzen, und hier waren sie erreicht. Nicht witzig, Herr Hahn, denn ich bevorzuge eine andere Art von Humor. 

Fazit: 1* und lasst es lieber. 

Das Taschenbuch ist im Goldmannverlag erschienen, hat 448 Seiten und kostet 9,99 €. Das E-Book ist einen Euro billiger. 




Mittwoch, 5. Oktober 2016

"Phänomen Nahtod" von Walter Meili

Dieses Buch interessierte mich vor allem deshalb, weil es sich der wohl mystischsten Frage unseres Lebens zu nähern versucht: Was kommt nach dem Tod? Wie genau sieht DAS aus, was uns dann erwartet? Der Schweizer Autor Walter Meili geht an das Thema Nahtoderfahrungen aus der Sicht des Psychiaters heran, denn das ist sein Beruf. Zunächst analysierte er die bekanntesten dokumentierten Nahtoderfahrungen (NTE) wie zum Beispiel die von George Ritchie, Howard Storm, Betty Eadie oder des damals vierjährigen Colton Burpo. Meili suchte nach Gemeinsamkeiten, und schloss Schritt für Schritt andere, theoretisch mögliche Ursachen aus. Natürlich lassen sich NTE nicht im klassischen Sinne beweisen. Aber Georg Ritchie erinnerte sich bis ins Detail an einen Ort, an dem er vorher nie gewesen war. Colton Burpo beschrieb lange vor seiner Geburt verstorbene Verwandte, denen er während seiner NTE begegnet war. Viele Berichte beschreiben den Himmel, auch die "Lichtwesen", die sie dort erwarteten. Nicht immer war es Jesus, aber fast immer ging ein Gefühl von unendlicher, bedingungsloser Liebe von ihnen aus. Das ist für mich, im Gegensatz zu anderen Rezensenten, das Tröstende, Faszinierende an diesem Buch. Es gibt keinen richtigen und keinen falschen Gott. Du musst nicht an Jesus glauben, um ihm zu begegnen. All die Angst, die uns teilweise schon als Kindern durch Auslegung der Bibel eingejagt wurde (wer nicht getauft ist, kommt in die Hölle), ist unbegründet. Die Liebe, die uns nach dem Tod erwartet, ist so groß, dass sie uns auch dann noch anzunehmen bereit ist, egal, was wir in unserem Leben getan oder unterlassen haben. Auch wieder im Gegensatz zu anderen Rezensenten sehe ich Walter Meili diese tröstenden Aussagen durchaus mit Bibelzitaten belegen. Letztendlich hat der Autor selbst durch seine Studien des Phänomens Nahtod zum Glauben gefunden. Dabei handelt es sich um einen Glauben, der keine Angst einjagt, der nicht mit der ewigen Verdammnis droht, sondern der uns in all unserer Fehlbarkeit annimmt. Die Welt könnte voller Liebe sein, wenn wir begreifen würden, dass nicht nur ICH mit all meinen Schwächen bedingungslos geliebt werde, sondern auch ALLE meine Mitmenschen. Müsste ich dann nicht in jedem Einzelnen von ihnen auch Liebenswertes entdecken können? Kann ich jemanden hassen, der von Gott genauso geliebt wird, wie ich? Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst, bekommt eine neue, greifbare Bedeutung. Das ist für mich die zentrale Aussage dieses Buches und ich kann nachvollziehen, dass der Autor darüber zum Glauben gefunden hat. 

Vermisst habe ich in dem Buch NTE-Berichte völlig anderer Kulturen. Was ist z.B. mit den Aborigines, den Menschen auf Papua-Neuguinea oder im Senegal? Trotz seiner um Wissenschaftlichkeit bemühten Herangehensweise bleiben die NTE-Berichte, auf die der Autor sich bezieht, fast ausschließlich auf den westlichen Kulturkreis beschränkt. Das ist schade, denn gerade die Erfahrungen der Menschen, die völlig unbeeinflusst von unseren Glaubenssätzen leben, wäre interessant. 

Und man muss sich auf das Buch einlassen. Wer als großer Skeptiker ans Lesen geht, konkrete Beweise erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Natürlich können wir nur glauben, was Georg Ritchie, Howard  Storm und die Anderen berichten. Auch mich beschlich kurzzeitig der Gedanke, ob jemand vielleicht Dinge (dazu-)erfunden haben könnte, um die Geschichten besser zu verkaufen. Was uns wirklich nach dem Tod erwartet, werden wir nur selbst herausfinden können, wenn es soweit ist. 

Alles in allem halte ich das Buch für sehr lesenswert. Die NTE-Berichte haben etwas Tröstendes und wir können daraus viel für unser Leben im Diesseits mitnehmen. 

Fazit: 4**** und der Wunsch, dass möglichst viele Menschen dieses Buch lesen mögen.

Das Taschenbuch aus dem SCM-Verlag (Stiftung Christliche Medien) hat 272 Seiten und kostet 15,95 €. Das E-Book ist für 11,99 € erhältlich.