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Dienstag, 31. Mai 2016

"Anständig essen" von Karen Duve

Von diesem Buch hatte Mr. J schon bei einem unserer ersten Dates geschwärmt. Fünf Jahre später las ich es endlich. Genau zu einer Zeit, als ich mit meiner Ernährung nicht mehr wirklich zufrieden war. Daher fand ich die Idee Karren Duves, im Selbstversuch sich je zwei Monate Bio, vegetarisch, vegan und zum Schluss sogar frutarisch zu ernähren, interessant und auch irgendwie witzig. Vor allem, weil ich es ja nur lesen und nicht selbst ausprobieren musste. Ich könnte schön von den Erfahrungen der Autorin profitieren, mir meine eigene Meinung bilden und danach ein bisschen was an meiner Ernährung ändern. Dachte ich. Dann begann ich zu lesen. 

Der Erzähl-Stil ist angenehm, die Mischung abwechslungsreich, so dass es nie langweilig wird. Erfahrungen des Selbstversuchs, Anekdoten aus dem Leben mit den Haustieren, immer wieder "Jiminy Grille" als ins Gewissen redende Freundin, und harte Fakten, die man nicht gern liest, die aber Tatsachen widerspiegeln. 

Manche Erfahrung der Autorin deckte sich mit meinen stichprobenartigen Tests der genannten Ernährungsformen in den vergangenen Jahren. Bio ist gut und inzwischen an jeder Ecke zu haben, aber Bio ist nicht gleich Bio. Warum Vegetarier einerseits auf Fleisch und Wurst, Veganer sogar auf Käse und Milch verzichten, sich andererseits aber seltsam schmeckende teure Ersatzlebensmittel kaufen, konnte ich noch nie verstehen. Wenn ich keine Wurst essen will, dann brauche ich auch keine in Wurstform gepresste Sojapaste. Aber ein bisschen weniger Fleisch zu essen, noch dazu vom Bio-Bauern, das war doch wirklich kein Verbrechen. Dachte ich. Dann las ich weiter. Und ich bekam ein Problem. Karen Duve hat nicht einfach nur anders gegessen, sie hat sich auch mit der Philosophie beschäftigt, die dahinter steckt und mit den grausem Fakten, wie unsere Landwirtschaft funktioniert. Kurz zusammengefasst geht es um die Frage, ob wir Menschen das Recht haben, andere Lebensformen auszubeuten, zu quälen und zu töten, um unserem Genuss zu frönen. Wiegt das Leid der Tiere, insbesondere in Massentierhaltung, weniger schwer, weil es ja nur dumme Tiere sind und wir Menschen die intelligente Krone der Schöpfung? Haben vielleicht sogar Pflanzen Gefühle? Viele Fragen, die in eine Antwort mündeten: Aus moralischer Sicht ist es nicht vertretbar, Tier zu töten, um sie zu essen, Kälbchen ihrer Mutter zu entreißen, um unseren ständig wachsenden Durst nach Milch zu stillen. Frutarier gehen sogar noch einen Schritt weiter, beziehen die Pflanzen mit ein, essen nur, was die Pflanze hergibt, ohne dafür getötet werden zu müssen.

Wie Karen Duve begann ich zu verstehen, warum sich so viele Menschen dem Wissen um diese grausamen Fakten verweigern. Wenn Du nämlich einmal begriffen hast, was los ist, kannst Du nicht mehr zurück. Du bist nicht mehr der unschuldige Fleischesser, der keine Ahnung hat, woher sein Schnitzel auf dem Teller kommt. Du kannst das Buch nicht einfach durchlesen, beiseite legen und weitermachen wie bisher. Das neue  Wissen ist unbequem, vor allem, weil es nicht wirklich neu ist, sondern weil wir es eigentlich schon immer geahnt haben. Und nun?

Vegan klingt eigentlich ganz lecker, wenn man den komischen Käse-Ersatz nicht essen muss. Frutarier scheint zumindest im Sommer ein interessanter Weg zur Bikini-Figur zu sein. Ich glaube, ich gehe morgen einkaufen. Mal sehen, was Wochenmarkt und Bio-Laden zu bieten haben. Ich kann mir nicht vorstellen, von nun an gar kein Fleisch mehr zu essen. Auch Joghurt und Eier liebe ich sehr. Aber ein bisschen konsequent gibt es nicht, das ist das Dilemma. 
Einen Tipp für die Autorin habe ich auch noch: Statt in Bäckereien nach veganem Brot zu fragen und ob die Backbleche nicht doch mit Butter gefettet wurden - einfach selbst Brot backen. Das ist total einfach und man weiß, was drin ist. 

Fazit: 5***** und Lese-Empfehlung. Zu Risiken und Nebenwirkungen wird sich Dein Gewissen schon melden ...

Das Buch ist im Verlag Galiani Berlin erschienen. Das Hardcover mit Schutzumschlag hat 336 Seiten und kostet 19,99 Euro. Taschenbuch und E-Book sind jeweils für 9,99 Euro erhältlich. Eine Hörbuchausgabe gibt es für 12,95 Euro.






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