In diesem Blog geht es ausschließlich um Literatur oder, einfacher gesagt, um Bücher. Ihr findet hier Buchempfehlungen, meine Rezensionen zu Büchern und e-Books, die ich gelesen habe, und Hinweise auf Downloads von e-Books. Da ein Blog durch Kommentare am Leben gehalten wird, würde ich mich sehr freuen, wenn Ihr diese Funktion fleißig nutzt.

Montag, 30. November 2015

"Meyerling ermittelt in Düsseldorf" von Susann Brennero - Dreißig Rätsel-Krimis

Dreißig Kurzkrimis laden den Leser zum Miträtseln ein. In jeder kriminellen Kurzgeschichte sind Fakten versteckt, die auf den wahren Täter deuten. So wird der Leser animiert, Kommissar Meyerling gedanklich zu folgen und zu den gleichen Schlüssen wie er zu kommen. Das scheint am Anfang kniffelig, denn man muss wirklich schon sehr genau lesen. Manchmal ist auch Insiderwissen gefragt - z.B. wusste ich nicht, dass Münchener Hell ein Hefeweißbier ist. Alles in alles sind es unterhaltsame Krimis, die ganz nebenbei die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und liebenswertesten Ecken Düsseldorfs vorstellen. Somit weckte das Büchlein zumindest bei mir die Lust, diese schöne Stadt einmal zu besuchen und auf Meyerlings Spuren zu wandeln.

Die Sprache kommt mir manchmal etwas ungewohnt vor, was Satzbau und Formulierungen angeht. Nicht falsch, aber irgendwie anders. Vielleicht reden die Düsseldorfer so, wenn sie nicht Dialekt reden? ;-)

Diese Art von kurzem Rätselkrimi findet man sonst eher in der Wochenendbeilage der Lokalzeitung. Und das ist auch gut so. Denn hier zeigte sich zumindest für mich das einzige Manko dieses Büchleins - es mindert das Lesevergnügen, wenn man die Rätselkrimis mit zu kurzem zeitlichen Abstand oder gar direkt hintereinander weg liest. Dann ist das Prinzip irgendwann durchschaut, weiß man beim Lesen, auf welche Informationen man besonders achten muss und hat teilweise den Täter schon vor Meyerling überführt. 


Fazit: Spannende Unterhaltung für Krimifreunde, die selbst mitdenken möchten. 4****

Das Taschenbuch ist im GMEINER-Verlag erschienen, hat 180 Seiten und kostet 9,99 Euro. Das E-Book ist für 8,99 Euro erhältlich.



"Autos, Dübel, Teddybären" von Astrid Schlupp-Melchinger

Kein Roman und trotzdem spannend. In diesem Buch werden bekannte Marken und Unternehmen Baden-Württembergs vorgestellt. Die Hintergrundgeschichten bieten historische Fakten auf unterhaltsame Weise an. Zum Beispiel Maggi: Warum die schnelle Fertigsuppe erfunden werden musste. Und dass in der deutschen Niederlassung in Singen anfangs nur 7 Frauen arbeiteten - kaum zu glauben, wenn man das Werk heute sieht. 
Das Buch ist inhaltlich in mehrere Kapitel unterteilt, die passend zum Stil der Texte, ebenfalls wohlklingende Namen tragen. Da gibt es Strick & Schick, Geld & Wohltat, Hexenküche & Co und eines mehr. Seit der Lektüre der Texte sehe ich sowohl die Fischer-Dübel als auch die Waldorfschulen mit anderen Augen. Ich weiß, warum sich gerade im Schwarzwald die Uhrenindustrie entwickelte und bewundere die Chefin des großen Unternehmens, in dem mein Mann arbeitet, dafür, dass sie vier Kinder und die erfolgreiche Firmenleitung unter einen Hut bekommt. Dass die erste Bausparkasse ausgerechnet im "Schaffe-schaffe-Häusle-baue-Ländle" gegründet wurde, überrascht mich nicht. Dass die Herstellung von Spielzeugpuppen früher manchmal eine explosive Angelegenheit war, dagegen schon. 

Auch wenn die Autorin betont, dass sie das Buch nicht als Nachschlagewerk konzipiert hat und es keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, vermisse ich dennoch zwei Dinge: Ein A bis Z-Register und eine Übersichtskarte. Die Überschriften zu den vorgestellten Unternehmen sind teilweise fast schon poetisch, da fällt es schwer, auf Anhieb zu erkennen, welche Marke sich dahinter verbirgt. Selbst beim Lesen des Textes war ich mir manchmal nicht sicher, nun zu wissen, wie die vorgestellte Firma genau heißt. Und manchmal möchte ich als Leser eben doch schnell wissen, ob zur Marke XY aus dem Nachbarort auch eine Geschichte drin steht. Die Wahrscheinlichkeit, diese zu finden, ist geringer als die, beim Suchen anderswo hängen zu bleiben und sich festzulesen. Denn eines haben fast alle Beiträge gemeinsam: Sie unterhalten, lassen einen immer wieder mit dem Kopf nicken und ob der neuen Erkenntnis still "aha" sagen. Dafür der Autorin mein Respekt. Ich bin sicher, dass es ein ziemlicher Recherche-Aufwand war, all diese Informationen zu bekommen und dann noch so aufzubereiten, dass es beim Lesen nicht langweilig wird.

Das Tüpfelchen auf dem i sind die Abbildungen historischer Werbeplakate. Das werden damals wohl sogar noch Blechschilder gewesen sein. 


Fazit: Sehr empfehlenswert für alle, die sich für die Wirtschaftsgeschichte Baden-Württembergs interessieren. 4****

Das Buch mit Softeinband ist im Südverlag erschienen, hat 176 Seiten und kostet 19 Euro.


Sonntag, 29. November 2015

"Jeder neue Tag ist ein Geschenk" von Andi Weiss (Hrsg.)

Dieses Büchlein vereint wahre Geschichten, erzählt von Menschen, denen sie passiert sind. Sie haben alle eins gemeinsam - ihre Protagonisten sind gläubige Christen. In erster Linie aber sind sie Menschen wie Du und ich. Sie hadern mit dem Leben und mit Gott, wenn der Tod ihnen einen geliebten Menschen entreißt, wenn sie selbst schwer erkranken. Dann fragen auch sie: "Warum?" Manchmal sind es kleine Dinge, zum Beispiel eine Liedzeile oder ein plötzliches Aufreißen des zuvor trüben Himmels, die sie Gottes Liebe wieder spüren lassen. Doch es gibt auch anderer Geschichten, die von ganz alltäglichen Dingen berichten, für die es sich lohnt, dankbar zu sein. Ein Lächeln, die Gelegenheit, helfen zu dürfen oder Hilfe zu empfangen, Menschen, die da sind, wenn wir sie brauchen.

Ich bewundere die Erzähler und Erzählerinnen für ihr Gottvertrauen. Ja, fast beneide ich sie. Es muss befreiend sein, sein Schicksal ganz in Gottes Hände zu legen. Egal, ob es sich dabei um eine ausgebuchte Fähre oder eine schwere Krankheit handelt. Der erste Schritt zu dieser Befreiung ist Dankbarkeit für die kleinen Geschenke, die jeder Tag uns bringt. Wenn wir bereit sind, zu danken, sind wir auf dem richtigen Weg, denke ich. 

Man merkt den Geschichten teilweise an, dass sie nicht von Profis verfasst sind. Aber gerade das macht sie so authentisch. Es ist, als ob die Erzähler mit uns in einem ruhigen, geborgenen Raum sitzen und uns an dem teilhaben lassen, was ihr Herz bewegt. 

Das Hardcover-Buch mit dem schönen Einband wirkt wertvoll und ist meiner Meinung nach ein wunderbares Geschenk für Menschen, denen wir Mut machen möchten, sich auf das Leben und auf Gott einzulassen.  


Fazit: Ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Büchlein lesen durfte. 5*****

Das Hardcover-Buch ist bei Gerth Medien erschienen, hat 192 Seiten und kostet 9,99 Euro. Als E-Book ist es für 8,99 € erhältlich.



Freitag, 20. November 2015

"Denn nichts bleibt vergessen" von Harriet Lane

Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut. Als Psychothriller auf hohem literarischen Niveau wurde der Roman angekündigt. Da erwartete ich das versprochene Katz-und-Maus-Spiel und Spannung bis zur letzten Seite. 
Stattdessen plätscherte die Handlung vor sich hin. Nina sieht Emma aus der Ferne und erkennt in ihr jemanden wieder, der sie begegnete, als sie beide 17 waren. Inzwischen sind sie Anfang 40. Emma erinnert sich nicht an Nina und so beginnt diese, sich in Emma Leben zu drängen. Die Gründe scheinen in der Vergangenheit zu liegen, als beide 17 waren. 

Emma ist eine chronisch überforderte und gestresste Mutter zweier Kleinkinder, Nina eine schöne, erfolgreiche Malerin, glücklich verheiratet mit einem reichen Mann, ihre Tochter aus erste Ehe ist gerade 17 - so wie sie damals. Trotzdem sind fast alle Figuren in dem Buch unsympathisch gezeichnet. Ich konnte mich mit niemandem wirklich identifizieren. Bei Emmas Einstellung zu Kindern sollte man besser kinderlos bleiben. Nina scheint intelligent und doch tut sie Dinge, die man eher einem spontan handelnden Kindergartenkind zutrauen würde. Sie plant, intrigiert, verwendet viel Zeit, um Emma näher zu kommen und sie und ihre Kinder mit kleinen Boshaftigkeiten zu quälen. Warum? Das bleibt die einzig spannende Frage, die mich immer wieder weiterlesen ließ. Trotz der Längen, die das Buch hatte, und vor allem trotz der doppelten Darstellung der Begegnungen von Emma und Nina - einmal aus Emmas und einmal aus Ninas Sicht. Einerseits interessant, die unterschiedlichen Sichtweisen kennenzulernen, andererseits verwirrend was den Zeitablauf betraf. Stellenweise ermüdend, weil z.B. sogar die Dialoge wortwörtlich wiederholt wurden.

Sprachlich habe ich an dem Buch nicht auszusetzen. Die Autorin beschreibt die Situationen sehr anschaulich (z.B. den Restaurantbesuch von Emma und Ben) und auch die handelnden Figuren, selbst die nebensächlichen, glaubt man direkt vor sich zu sehen. Warum aber sind fast alle Erwachsenen unsympathisch? Ben ist ein Macho, Emma eine Heulsuse, Nina eine intrigante, sich freundlich gebende Zicke usw. Nina ist überhaupt das größte Rätsel für mich. Während des Lesens wuchs bei mir immer mehr der Eindruck, dass damals etwas richtig Schlimmes geschehen sein muss, das Emma Nina angetan hat. Die Auflösung ist in meinen Augen ein Witz. Ich finde es völlig unlogisch, dass Nina sich deshalb über zwanzig Jahre später so verhält. Eigentlich war da doch gar nichts ...  Kein Wunder, dass Emma sich nicht erinnern kann. Das ganze Buch ist mir unsympathisch - der Plot, die Figuren, besonders Nina, die psychisch krank sein muss, anders lässt sich diese Besessenheit nicht erklären. Am Anfang denkt sie "Emma, du bist es. Ich habe dich gefunden." Hat sie tatsächlich über zwanzig Jahre nach Emma gesucht? Ich glaube nicht. Es war eine eher zufällige Begegnung. Auch das abrupte Ende gefällt mir nicht. Das ist die einzige Stelle im Buch, an der ich wirklich unbedingt die Sicht der anderen Frau hätte lesen wollen. Doch dann kam nichts mehr.

Das Cover finde ich übrigens sehr gelungen. Es wirkt in der Realität noch besser als auf dem Foto. Schade, dass Cover und Klappentext neugierig machen. Umso größer war am Ende die Enttäuschung. Es ist ein Buch, das mich kopfschüttelnd zurücklässt. 


Fazit: Leider nur 2**

Das Buch ist als Taschenbuch im Insel Verlag erschienen, hat 276 Seiten und kostet 12,99 Euro. Das E-Book ist für 10,99 Euro erhältlich. 



Freitag, 13. November 2015

"Rot ist schön" von Rita König

Bis 1985 scheint Silkes kleine Welt irgendwo in der DDR mehr oder weniger in Ordnung zu sein. Der Vater kommt manchmal spät nach Hause - aus der Kneipe oder von anderen Frauen. So genau will Silke das gar nicht wissen. Aber der Vater übt mit ihr auch Vokabeln, zeigt ihr, wie man ein Fahrrad repariert, ist ihr Ruhepol in der Familie. Die Mutter schimpft und schreit oft herum,  besucht manchmal am Wochenende "Onkel Werner". Grund genug für Klatsch und Tratsch im Dorfkonsum liefern beide Eltern. Dann zieht die Mutter mit dem jüngeren Bruder fort, zu "Onkel Werner". Silke, gerade 15, bleibt beim Vater und kümmert sich neben der Schule um den Haushalt. Ihre Lehre, die sie ein Jahr später beginnt, war als Flucht vor der Mutter geplant, die nun gar nicht mehr da ist. Trotzdem zieht Silke ins Internat in einer fernen Stadt, findet dort zwei beste Freundinnen - Heike und Ina. Aber sie bleibt auf der Suche ...

Silke ist getrieben von der Sehnsucht nach einer heilen Familie. Aus irgendeinem Grund gehören Menschen mit roten Haaren dazu. Obwohl weder Vater, noch Mutter, Bruder oder Silke rothaarig sind. Rot ist schön, erfährt Silke später von Natascha, zumindest im Russischen, wo beide Worte den gleichen Stamm haben. 

Silkes Sehnsucht lässt sie gleichzeitig vor der Realität fliehen, die anders ist, als das, was sie sich wünscht. In den Armen vieler Männer findet sie kurzzeitiges Vergessen, bleibt dennoch rastlos. Die Wende erlebt auch Silke als Zeit des großen Umbruchs. Die neuen Freiheiten machen ihr eher Angst. Sie will nicht reisen. Und doch ist das ganze Buch eine Reise. Silke sitzt im Zug, zehn Jahre nach dem Auszug der Mutter, erstmals auf dem Weg zu ihr. Während der Fahrt erinnert sie sich. An Micha mit den roten Haaren, den sie nicht lieben durfte. An den See hinter dem Wald und das Hexenhäuschen im Dorf. An die Blutbuchen, die auf jedem Friedhof stehen und die unzähligen Seltersflaschen, die sie zur Beruhigung ihres Magens leer trank..

Die Personen und Orte im Buch bleiben stellenweise sehr unkonkret. Der Vater, die Mutter, der Bruder und die Großeltern ... ihre Namen werde nicht einmal genannt. Ebenso die Orte. Irgendwo in Brandenburg, im Vorharz, an einem breiten Fluss, der nicht ins Meer mündet. Das fand ich ein bisschen schade. Auch mit den Sprüngen zwischen dem Geschehen während der Zugfahrt und Silkes Erinnerungen tat ich mich an ein oder zwei Stellen etwas schwer. 

Die Geschichte lebt für mich von Silkes Sehnsucht, ihrer Suche nach dem Glück. Gleich am Anfang erfahren wir, dass Silke dieses endlich gefunden hat. Sie ist schwanger, als sie im Zug sitzt, und sie hat Peter, einen lieben Mann, der ihre Rastlosigkeit beendete. Auch wenn Silkes Geschichte vor, während und nach der Wende in der DDR spielt, so dienen diese historischen Ereignisse nur als Hintergrund für das, was in Silkes kleiner Welt geschieht, die sie gar nicht größer haben möchte. Es war interessant, beim Lesen immer wieder an viele kleine Dinge erinnert zu werden, die damals anders waren. Altbauwohnungen ohne Bad, auf dem Hausflur ein Klo für zwei Familien. Malimo-Stoff und Nylon-Kittelschürzen. Hirtentäschel und Sauerampfer kauen auf der Wiese ... Aber auch der ABV, der genau wusste, wann bei wem Westbesuch im Haus war. 

Silke erscheint völlig unpolitisch. Die Farbe Rot aus dem Buchtitel steht an keiner Stelle des Buches für eine Gesinnung. Die großen, weltbewegenden Ereignisse verlieren an Bedeutung gegenüber dem, was in Silkes kleiner Welt geschieht. Glück findet im Herzen statt und nicht in der großen weiten Welt. 

Fazit: 5***** und Leseempfehlung für eine ungewöhnliche, beeindruckende Geschichte.

Das Taschenbuch hat 300 Seiten, ist im Verlag "Der kleine Buch Verlag" erschienen und kostet 14,90 €.


Montag, 9. November 2015

"Ungereimtheiten von fies bis böse" von Werner Färber

Dies ist ein ungewöhnliches und gerade deshalb  so unterhaltsames Buch! Historisch wertvolle und dramatische Balladen durften / mussten wir in der Schule lesen, auswendig lernen und interpretieren. Romantische, gefühlvolle Gedichte erfreuen auch heute noch mein Herz. Humorvolle Reime a la Ringelnatz lese ich gern, aber viel zu selten. Und nun kommt Werner Färber daher und stellt mein Gedichtverständnis völlig auf den Kopf! Bei ihm kann selbst ein Vierzeiler eine lange und dramatische Geschichte erzählen. Historisch Wertvolles hat er ebenfalls zu bieten, denn ein Teil seiner Reime sind inspiriert von Pressemeldungen, von denen er Datum und Schlagzeile anfügt. Bei "Mehdorn strebt Teileröffnung von BER an" klingt Färbers Auslegung absolut logisch, wenn man berücksichtigt, was bisher dort geschah. Wunderbar die unzähligen Variationen von "Bei Hempels unterm Sofa", wobei XLIX (Der kleine unsichtbare Keks) mein Favorit ist. 

Ich weiß nicht, ob Werner Färbers Gedichte jemals in der Schule im Deutschunterricht Thema sein werden. Schöne wär's, denn daran hätten die Schüler sicher viel Spaß. Und hinein, hinaus und herum interpretieren kann man um Färbers Reime eine ganze Menge.

Ganz selten stieß ich mich an "vergewaltigten" Textfragmenten. Da wurde ein Satz schon einmal so umgestellt, dass er grammatikalisch völlig verdreht war, aber einen guten Reim abgab. Kann man machen, wenn es auch nicht gerade die elegante Variante der hohen Dichtkunst ist. Wobei, hohe Dichtung ist ganz sicher auch nicht das Ziel des Autors. Er will nicht abheben in Sphären, die den "wahren Literaten" vorbehalten sind und wohin ihm kein normaler Mensch mehr folgen kann. Färber spricht Klartext, beschreibt Alltagssituationen, die Dir und mir bekannt vorkommen. Gedanken, die in unseren Köpfen herumspuken. Er zeigt mit dem Finger auf menschliche Schwächen, macht sich über sie lustig und bringt den Leser so zum Nachdenken, ohne den Zeigerfinger belehrend zu erheben. Also doch ein Buch für den Deutschunterricht! 


Fazit: 5***** für ein Büchlein, das ich immer wieder gern in die Hand nehmen werde, um mich an ein paar gereimten Ungereimtheiten zu erfreuen. 

Das Buch aus dem Färber-Verlag hat 188 Seiten, ist nur als Taschenbuch erhältlich und kostet 12,00 Euro. 


"Stumme Wasser" von Anja Behn

Was für ein Krimi-Debüt! Ostsee-Nebel und ein geheimnisvoller Fluchtversuch in der Vergangenheit im Prolog. Vorweihnachtliche Stimmung und ein Mord im winterlichen Fahrende. In der Hauptrolle Richard, ein Kunsthistoriker und alter Freund des Ermordeten. Dazu Johanna, die Enkelin des Toten und jede Menge interessante Nebenfiguren. Besonders die Beschreibung der Örtlichkeiten und des Wetters gefiel mir. Ich fühlte mich zurückversetzt in meine alte Heimat, erinnerte mich an die Winter am Meer, den eisigen Wind, der durch die wärmste Kleidung dringt und ins Gesicht beißt, das heimelige Gefühl, aus der kalten Dunkelheit in ein Haus voll Wärme und Licht zurückzukehren.

Ebenso passend beschrieben finde ich die Charaktere, besonders die Nebenrollen. Mein Favorit ist die etwas mürrische, schweigsame Waltraud, die jederzeit ein gutes Essen und einen warmen Tee anzubieten hat. Ganz anders Bernd, ihr Neffe, der freundliche, offene Dorfpolizist. Beide haben für mich das Potential von Serienfiguren. Über ein Wiederlesen mit ihnen in einem nächsten Krimi von Anja Behn würde ich mich sehr freuen. Auch Holger, der von Pech verfolgte Werftbesitzer mit der dauernörgelnden Ehefrau, scheint stellvertretend für einige mir bekannte Mecklenburger zu stehen. 

Johanna wirkt größtenteils überzeugend in ihrer Mischung aus Verletzlichkeit und Stärke. Lediglich die Trauer um den Großvater wich für mein Empfinden etwas zu schnell dem Interesse an Richard. Richards Entscheidungen sind für mich nicht immer logisch nachvollziehbar - aber er ist ja auch ein Mann! 

Die Handlung ist geschickt aufgebaut. Es beginnt mit einem Prolog, der ein Geheimnis zurücklässt. Danach werden wir Leser langsam mit der gegenwärtigen Atmosphäre vertraut gemacht. Fast gemütlich, auf typisch Mecklenburger Art. Doch bevor wir uns zu wohl fühlen im winterlichen Fahrende, gibt es eine Leiche und die Suche nach dem Mörder beginnt. Auf offizieller Seite ermittelt die Polizei, Bernd inbegriffen. Aber auch Richard, der wenigstens noch bis zur Beerdigung seines alten Freundes bleiben will, stellt Nachforschungen an. Mehrere mögliche Spuren tun sich auf. Einige Dorfbewohner wissen mehr als sie sagen. Zum Ende hin steigt die Dramatik fast ins Unerträgliche, geschehen Dinge, die man in einer winterlich verschlafenen kleinen Künstlerkolonie an der Ostsee nie vermuten würde. Und ALLES, was vorher geschah, ergibt plötzlich einen Sinn. Toll gemacht! 

Ein paar kleine Stolpersteinchen sind dem Lektorat und Korrektorat anzulasten, dafür möchte ich jedoch keinen Punkt abziehen. cover und Titel passen für mich perfekt zur Handlung. Die Menschen in Fahrende sind fast ebenso schweigsam wie die Wasser der Ostsee. Und beim Anblick des Fotos glaube ich fast den Wind zu spüren und das Meer zu riechen. 

Fazit: 5***** und herzlichen Dank für diesen schönen Ostseekrimi. Hoffentlich gibt es bald eine Fortsetzung? 

Das Taschenbuch hat 176 Seiten, ist im Emons-Verlag erschienen und kostet 9,90 €. Das E-Book ist für 8,49 € erhältlich. 

Na, sieht das nicht einladend aus? 

Donnerstag, 5. November 2015

"Liebeslust" von Veronika Schmidt

Mein erster Gedanke, als ich "Liebeslust" in der Hand hielt: Was für ein schönes Buch! Es enthält viele sehr gute, doppelseitige Fotos, von denen kein einziges billig oder "pornös" wirkt. "Liebeslust" ist weder ein Anatomie-Buch noch ein christliches Kamasutra. Das Buch hält, was die stilvollen Fotos versprechen. Es befasst sich mit der Liebe zwischen Mann und Frau und der dazugehörigen Lust. Stellenweise auch mit der Abwesenheit von Lust und dem,  was man dagegen tun kann. Die Schweizer Autorin Veronika Schmidt schafft es sogar, das Hohelied Salomons und seine erotischen Aussagen, einzubeziehen.

 Ausgehend von christlichen Werten, aber ohne anklagenden Alte-Männer-Zeigefinger, werden nahezu alle Bereiche sexueller Aktivität einfühlsam erläutert - vor allem in ihrer Bedeutung für das Leben von Mann und Frau als Paar. Sogar manches,  was im Allgemeinen in der christlichen Erziehung als "unkeusch" gilt. Beispielsweise wird Selbstbefriedigung hier viel schöner Selbstliebe genannt und als ein Mittel der Erkenntnis des eigenen Körpers und der eigenen Lust gesehen. Der nichtkörperlichen Selbstliebe, also dem Selbstbewusstsein, wird meinem Empfinden nach sogar die größere Bedeutung gegeben. Das sehe ich ganz genauso. Nur wer sich selbst liebt, sich für liebenswert hält, kann die Liebe des Anderen annehmen. Wer an sich selbst zweifelt, an seiner Liebenswürdigkeit, der zweifelt auch an der Liebe seines Partners. An dieser Stelle sehe ich die Verbindung zum christlichen Glauben als besonders sinnvoll, nahezu logisch. Wer sich in Gott geborgen und geliebt fühlt, weiß, dass er liebenswert ist, und kann sich selbst eher annehmen. 
 Paulus wird zitiert mit:
"Es ist alles erlaubt, ... Das mag stimmen, aber es ist nicht alles gut für Euch."Und genau hier kommt für mich doch wieder ein wenig der erhobene Zeigefinger ins Spiel. Nicht der alte, verknöcherte, aber der sanftmütige, wie von einer Mutter, die besser zu wissen glaubt, was dem Kind gut tut und was nicht. Selbstliebe solle nicht nur mechanisch ablaufen. Pornos erzeugen Leistungsdruck, sexuelle Erfahrungen vor der Ehe brauche man nicht, und Homosexualität wird zwar nicht verdammt, aber auch nicht erwähnt. Gottgewollte Liebe gäbe es nur zwischen Mann und Frau, lese ich. Hier liegt für mich der Schwachpunkt des Buches. Einerseits schreibt die Autorin, die Ehe habe sich in den vergangenen 200 Jahren stärker verändert als in der gesamten Zeit davor. Und es sei ihr ein Anliegen, überkommene Traditionen zu hinterfragen. Warum hinterfragt sie dann nicht auch die gleichgeschlechtliche Liebe und Ehe? Weil sie diese, um wieder zu Paulus zu kommen, zwar für erlaubt hält, aber nicht gut für uns? Wann hat die Autorin bewusst entschieden, als heterosexuelle Christin durch die Welt zu gehen? ;-)
Ich denke, es ist mehr als deutlich, wer die Zielgruppe für "Liebeslust" ist. Männer und Frauen, die christliche Werte leben wollen oder diesen zumindest aufgeschlossen gegenüberstehen. Fast alle Empfehlungen lassen sich auch für Nicht-Christen umsetzen. Und das ist aus meiner Sicht die starke Seite des Buches. Es ist anders als ein reiner Sexratgeber. Weil es hier eben nicht nur um Sex geht. Sondern um Liebe, Vertrauen, Verständnis - für sich selbst und für den Partner. Wenn diese Basis vorhanden ist, kann darauf aufgebaut werden, ist lustvolle Hingabe und richtig guter Sex möglich. Die Autorin geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie Themen wie Nörgelei, Streit und Fremdgehen mit einbezieht, ihre Ursachen in der Partnerschaft sucht, aber auch die Möglichkeit, damit umzugehen. Und sie zeigt die Verantwortung der Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder auf. Durch die Art wie und worüber man mit den Kindern redet und was man ihnen vorlebt, wird festgelegt, welche Einstellung die Kinder später zu Liebe, Erotik, Sex und Partnerschaft haben werden. 
Wer tiefer in einzelne Themenbereiche einsteigen möchte, findet am Ende des Buches ein umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis. 
Fazit: 4**** und klare Empfehlung für heterosexuelle (christliche) Paare.
Das Buch aus dem SCM (Stiftung Christlicher Medien) Verlag hat 272 Seiten und kostet 19,95 €. Das E-Book ist für 15,99 € erhältlich. Welches "Problem" ich beim Lesen dieses Buches hatte, habe ich letzte Woche in meinem anderen Blog beschrieben: --> Ausweichlektüre

Dienstag, 3. November 2015

"Wilde Poesien" von Susann Kraft

In Zeiten von SMS, WhatsApp und Emoticons schöne neue Gedichte lesen zu dürfen, ist schon etwas Besonderes. Die Autorin hat ein Gefühl für Situationen und das Talent, diese besonderen Momente in Reime umzusetzen, ohne dass es kitschig wirkt. Egal, ob es die Geschichte eines Herbstblattes ist, der Zauber eines Sommerlüftchens oder der Abschied von einer gewesenen Liebe, sie alle sind es wert, genauer betrachtet zu werden. 
Ganz viele der beschriebenen Situationen sind Alltag, sind vertraut seit Kindertagen. Pusteblumen, Sonnentupfen, eisig kalte Wintermorgen  - wir alle kennen sie, erleben sie immer wieder aufs Neue oder laufen doch achtlos an ihnen vorbei? Die Gedichte von Susann Kraft zeigen das Besondere im Alltäglichen, wärmen das Herz mit Erinnerungen an ebendiese Momente. 
Besonders gefällt mir die scheinbare Leichtigkeit, die in den Versen steckt. Kein Reim klingt bemüht oder angestrengt, im Gegenteil. Es scheint, als hätte die Autorin die Poesie, die den kleinen Dingen innewohnt, einfach eingefangen, so natürlich klingt es. 

Ein kleiner Wermutstropfen ist die sicher in guter Absicht ausgewählte Schrift, die auf den ersten Blick wie eine Handschrift wirkt. Leider erschwert sie das Lesevergnügen. Der Sinn mancher Worte erschloss sich mir erst nach mehrmaligem Drübergehen, und das stört leider den Lesefluss und den Rhythmus der schönen Reime. Manche sich so ergebenden Verleser sorgten für unfreiwillige Komik. Besonders die "Ziegestühle" erzeugten ein herrliches Kopfkino. 

Wer Gedichte mag, dem sei dieses Büchlein empfohlen. Zum immer wieder darin stöbern. Denn die Gedichte sind zeitlos, die beschriebenen Momente kehren fast alle immer wieder. Vielleicht erkennen wir ihnen demnächst die Poesie, die in diesen Augenblicken steckt. Der Erlös dieses Büchleins geht übrigens über die Organisation SternenBlick  zu 100% an bedürftige Kinder. 


Fazit: 5***** und herzlichen Dank für diese herzerwärmenden Gedichte. Dass ich dieses Büchlein mit persönlicher Widmung der Autorin erhielt, wärmt mein Herz noch zusätzlich.

Das Taschenbuch hat 80 Seiten und kostet 12,10 €. Das E-Book ist für 4,99 € erhältlich.