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Montag, 19. Oktober 2015

"Die Millionen von Neresheim" von Jochen Bender

Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst. Hier hat der Autor auf zwei Meldungen der lokalen Presse einen spannenden Krimi mit ebenso interessanten wie widersprüchlichen Figuren aufgebaut. 
Lydia, eine junge Psychologin, findet eine Leiche im Neckar. Bereits dieses erste Kapitel zog mich total in seinen Bann. Ich glaubte Lydias Angst zu spüren, sah tatsächlich eine Weile sie in  der Rolle der Leiche. Lydia scheint einerseits schwach, leidet selbst unter Ängsten, wird verdächtigt, mit dem Mord zu tun zu haben, da sie den Abt kannte und dies verschwieg. Andererseits ist sie stark, versucht die Ermittlerin Sultan zu beherrschen / zu verführen, was ihr auch gelingt. Auch der tote Abt hatte mehrere Gesichter. Und ein Fiesling wie Boßler muss nicht automatisch schuldig sein, nur weil man ihn nicht leiden kann. 

An vielen Stellen gefielen mir die Figuren, gerade wegen ihrer Widersprüchlichkeit. Einzige Ausnahme: die zu 99% perfekte Hauptkommissarin Anita Schenk. Trotzdem konnte ich mit keiner der handelnden Personen so richtig warm werden. Peter hätte vielleicht das Potential dazu, spielte aber zu sehr nur eine Nebenrolle. Mir fehlt einfach die Hauptfigur, der Held / die Heldin in der Geschichte, mit dem bzw. mit der ich mich zumindest teilweise identifizieren kann.

Und wieder wurde die heilige Kirche ein wenig entzaubert. Zwar konnte der anfängliche Verdacht, dass Kinderpornografie mit im Spiel ist, zum Glück ausgeräumt werden. Aber Steuerhinterziehung, Geldwäsche, geduldeter und unterstützter Traubenklau, die bewusste Belastung anderer Menschen mit Schuld ... Die Unterschiede zwischen Fiesling Boßler und den "angenehmen" Kirchenmännern wurden immer geringer. 

Auch wenn ich mit manchen Passagen des Krimis nicht unbedingt glücklich bin, so habe ich ihn trotzdem gern gelesen. Die Story ist so spannend gestrickt, dass man wirklich erst ganz zum Schluss die Auflösung erfährt. Und falls jemand meint, die Fakten seien übertrieben - DAS ist das wahre Leben! Wie das erklärende Nachwort beweist. Die Schwaben sind halt ein fleissiges Völkchen, selbst da, wo es kriminell zugeht. 

Das Cover ist mir irgendwie zu technisch. Zwar hat es mit dem Fundort der Leiche zu tun, aber ich hätte ein Foto der Abtei passender gefunden.

Fazit: 4**** und die Notiz, die wunderschöne Abtei Neresheim einmal mit eigenen Augen sehen zu wollen. 

Das Taschenbuch ist bei Oertel+Spörer erschienen, hat 270 Seiten und kostet 10,95 €. ein E-Book gibt es meines Wissens (noch) nicht. 





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