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Donnerstag, 11. April 2013

„Ein Nachmittag im Herbst“ von Mirjam Kristensen


Ein junges norwegisches Ehepaar reist nach New York, den Kopf voller Pläne, was sie sich alles ansehen wollen. Vom Central Park gehen sie ins Metropolitan Museum, wo Hans Olav von einem großen Gemälde sehr fasziniert ist. Rakel lässt ihn kurz zurück, um auf die Toilette zu gehen. Er wird hier warten, sagt er. Doch als Rakel zurückkommt, ist ihr Mann verschwunden.

Was sich liest, wie der Beginn einer mysteriösen, spannenden Geschichte, passiert auf den ersten fünf Seiten, eigentlich im allerersten Satz, und ist auch schon der aufregendste Teil dieses 220 Seiten starken Buches. Danach wird minutiös von Rakels Suche berichtet.

Beim Lesen hatte ich das Gefühl, ungefähr die Hälfte aller Sätze finge mit „Ich ...“ an. „Ich setze mich auf eine Bank. Ich esse ein Stückchen Schokolade.“ usw. In gewisser Weise kommt darin die Gefangenheit Rakels im Ich, ihre Einsamkeit inmitten der hin und her wogenden Menschenmassen New Yorks, zum Ausdruck. Auf mich als Leser wirkt es genau so ermüdend, wie Rakels ergebnislose Suche nach Hans Olav.

Rakels Gedanken drehen sich im Kreis, wie ihre Suche. Immer wieder kehrt sie an die gleichen Orte zurück. Trifft die gleichen Personen, von denen sie sich Antworten erhofft, wieder und wieder. Stellt immer die gleichen Fragen. Erhält irgendwann leicht veränderte Antworten. Kommt ihrem Mann dadurch kein Stück näher. Vergisst zu essen und zu trinken, wird ohnmächtig, schläft viel.

Sicher, so mag es einer Frau ergehen, so mag sie fühlen, wenn der Mann plötzlich unter den geschilderten Umständen verschwindet. Aber möchte ich ein ganzes Buch darüber lesen? Klares Nein.

Nebenbei erfahren wir etwas über die Beziehungen der Personen, die hier die Nebenrollen ausfüllen. Die eine wurde gerade von ihrem Freund verlassen. Andere streiten sich Türen schlagend und sperren sich auf dem Balkon aus. Die Nächsten bereden mehr oder weniger vernünftig ihre Trennung, bevor einer auszieht. Einer muss mit ansehen, wie seine Freundin „fremdknutscht“ und wollte sich sowieso von ihr trennen. Die einzige „funktionierende“ Ehe, die uns vorgeführt wird, ist die von Turid und Hans Martin, Rakels Schwiegereltern. Er bestimmt, sie ordnet sich unter. Auch kein Traum vom Glück …

Alles in allem ein Buch, das ich ausdrücklich nicht empfehle. Auch wenn Rakel am Ende ihre Situation akzeptiert und sogar dankbar ist für die Erkenntnis, dass die Dinge sind, wie sie sind. Für mich bleibt es ein trauriges Buch über Auflösung und Hoffnungslosigkeit.


2 Kommentare:

  1. Mich würde interessieren, was Dich zum Kauf inspiriert hat. Da muss es ja auch was gegeben haben...

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    1. Liebe Ruth, ich habe das Buch nicht gekauft, sondern im gut gefüllten Bücherregal des Appartements hier in Thüringen gefunden. Der Kurztext auf der Rückseite klang spannend. Ich fühlte mich an meine eigene Kurzgeschichte "Allein allein" erinnert - ähnliche Ausgangssituation - und war neugierig, was andere aus dieser Idee machen. Darum habe ich auch bis zum Schluss durchgelesen.

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